Wenn wilde Solo-Indies in Serie gehen: Bulwark von Tomas Sala - pixelmonsters.de

Wenn wilde Solo-Indies in Serie gehen: Bulwark von Tomas Sala

von ComancheMan,

Spiel ohne passende Schublade

Besonderes Highlight einer wieder stattfindenden Gamescom nach den Jahren der Pause ist für uns Berichterstatter bekannte Indie-Entwickler wiederzutreffen, die wir schon vom letzten Spiel spannend in Erinnerung hatten. Und besonders beeindruckte uns letztes Mal in Köln der belgische, wilde und nicht mehr ganz unbeleckte Solo-Entwickler Tomas Sala mit Luftkampftitel The Falconeer, den wir nun für seinen neuen Titel Bulwark (dt.: Bollwerk) wieder treffen durften.
Tomas kann man vielleicht etwas als Mischung aus Bob Ross und einem unruhigen, wachen Geist, der ständig neue Ideen ausprobieren will, charakterisieren. Ein besonders Kreativer eben, der sich mit seinen Ideen und Versuchen auch nicht in vorherrschende Formate pressen lässt.

Somit ist Bulwark zwar Nachfolger von The Falconeer und spielt auch in dessen postapokalyptischer Welt, der großen Ursee, ist aber als Spiel etwas ganz Anderes. In seiner kreativen Suche trieb es Tomas diesmal in das Genre der ruhigen Städtebausimulationen. Aber wie er eben tickt, kam es nicht in Frage hier einfach die Anno-Formel auf seine Ursee-Welt zu klatschen, auch darin begründet, dass er das Spiel komplett allein entwickelt.
Bulwark funktioniert in vielem deutlich einfacher und direkter, auch wenn das Bauen schon sehr speziell und indirekt ist und man keine einzelnen Häuser irgendwo platzieren kann. Tomas Sala möchte sein Spiel zwar entspannend halten, aber gleichzeitig den Spielenden einen schnellen Zugriff auf Geschichten und Missionen der Welt gefüllt mit Stories und Charakteren erlauben. Im Gesamten handelt die geplante Geschichte grob davon die Ursee-Inseln unter den verschiedenen Fraktionen wieder aufzubauen, nachdem viel im Vorgänger zerstört wurde.

Zunächst kommt der Spielende mit einem Landungs-Luftschiff “Surveyor” an einer der felsigen Insel auf der überfluteten Welt an. Dieses checkt erstmal die Gegebenheiten und mit Basisressourcen wie Holz werden erst Installationen wie Sägewerk und Hafen angelegt. Erst danach werden Wohnungen und Kommandanturen ausgebaut und schließlich baut man sich auch zur Verteidigung eine riesengroße, individuelle Felsenfeste aus. Das sieht in der erdigen Grafik nicht nur schickt aus, man denke an King’s Landing aus dem Game-of-Thrones-Vorspann, sondern kommt auch mit einem gehörigem Wuselfaktor daher.
Man darf sich diesen Ablauf aber nicht so langsam wie in Anno vorstellen. In der gezeigten Demo passierte dieser Aufwand innerhalb von ca. 20 Minuten, und ja, das soll auch später bei Erscheinen sehr schnell ablaufen, denn Tomas hasst den typischen Grind anderer Aufbauspiele. Es geht hier einerseits darum, dass alles wirklich entspannt abläuft und andererseits, dass die Spielenden mehr die Welt und ihre Bewohner sowie deren Missionen und Herausforderungen erfahren. So in dieser Mischung haben wir wirklich noch kein Aufbauspiel gesehen und waren fasziniert bis irritiert von der Eigenständigkeit dieses Gameplays. Ein Gefühl, dass man als langjähriger Zocker fast gar nicht mehr kennt.
Besonders ist auch die Steuerung, welche von vornerein auf Controller ausgelegt wird, um die Welt nicht durch Interfaces und Mauszeiger vom Spielenden zu trennen. Hier spürt man auch Tomas’ Erfahrung als professioneller Interaktionsdesigner mit jeder Eingabe.

Es muss aber auch angemerkt werden, dass Bulwark noch ziemlich am Anfang steht. Auch wenn Tomas Sala schnell entwickelt und er nur ca. zwei Jahre dafür brauchen möchte. Mit gewisser Vorsicht kann man dennoch schon einen fesselnden Gameplay-Kern erkennen, und Tomas denkt auch über Early-Access und ähnliche Modelle nach, sodass Bulwark in einer einfachen, ersten Version vielleicht schon schneller verfügbar gemacht werden könnte; voran er dann im Anschluss eventuell immer neue Inhalte ergänzen kann.

Auch wenn die gezeigte Demo noch nach beeindruckendem Prototyp aussah, können wir doch sagen, dass Bulwark besonders durch seinen exzentrischen Macher nicht nur eines der spannendsten Spiele der Gamescom war. Durch seine Erfahrung und seine unbändige, kreative Leidenschaft konnten wir doch große Hoffnung fühlen, dass hier ähnlich wie damals bei The Falconeer eine echte Perle reift.