ComancheMan's Kinojahrescharts 2014 - Teil 2 - pixelmonsters.de

ComancheMan's Kinojahrescharts 2014 - Teil 2

von ComancheMan,

Weiter geht es mit meiner Top Ten des Kinojahres 2014.

Nowitzki. Der perfekte Wurf.

Der große Blonde kriegt endlich seinen eigenen Film. Verdient hatte er den schon lange, aber es ist irgendwie leider symptomatisch für Deutschland, dass es seinen erfolgreichsten Sportler mindestens mal dieses Jahrzehnts nahezu komplett ignoriert. Und das nur weil seine Leistungen uns hier nicht von den TV-Sendern auf dem Silbertablett serviert werden. Leider kann dieser Film dieses Missverhältnis zwischen Amerika und Deutschland zwar aufzeigen, aber selbst kaum etwas daran ändern. Er ist sehr solide gemacht und bietet auch eine moderne, ungewöhnliche Erzählstruktur. Gelegentlich werden auch mal ein paar sehr schöne grafische Spielereien verwendet. Er schafft es leider aber nicht auch einmal ein paar der Lebensentscheidungen von Nowitzkis Karriere zu hinterfragen. Einerseits zeigt der Film sehr deutlich seinen Leistungswillen und seine sensible Psyche, andererseits ist der Film seinem Protagonisten immer unbedingt positiv gegenüber eingestellt. Dennoch ist der Film für Sportinteressierte eine Empfehlung als vielleicht eine der persönlichsten Sportler-Dokus.

Snowpiercer

Ob koreanisches Arthauskino auch im Hollywood-Zusammenhang funktionieren kann, sollte sich hier mit dem Film Snowpiercer zeigen. Und im Großen und Ganzen ist das auch ganz gut gelungen. Regisseur Joon-ho Bong schafft es mit sehr beschränktem Budget die Comic-Vorlage clever so zu drehen, dass der Hauptschauplatz der faszinierend gestaltete Zug ist. Dieser hatte wirklich viele Schauwerte zu bieten, da eine postapokalyptische Welt mit Klassensystem im Kleinen nachstellte. Die Darsteller schafften es auch ziemlich gut ihre Charaktere durch den Klassenaufstand mit intensiven Kämpfen zu führen, auch wenn dabei Unstimmigkeiten untereinander auftraten. Negativ können natürlich die einfachen Digitaleffekte sein, aber für die wenigen verfügbaren Mittel hat man noch Einiges herausgeholt. Wenn so ein interessanter Film dabei herauskommt, dann kann gern wieder mehr Fantasy im Mid-Budget-Bereich produziert werden.

22 Jump Street

Im Kino hatte ich mich die meiste Zeit darüber gewundert wie doof das hier alles ist und wer sowas lustig finden kann. Ich kannte den Vorgänger auch nicht. Doch schon wenige Tage später wurde mir auch klar, dass das hier wahrscheinlich einer der lustigsten Filme des Jahres war. Channing Tatum und Jonah Hill bilden hier einfach doch ein Comedy-Traumduo und absolvieren einen absurden Persiflagen-Marathon. Dabei halten sie sich hauptsächlich am College auf und nutzen jede Menge Möglichkeiten für Fettnäpfchen. Natürlich ist das alles kein besonders intelligenter Humor oder gar überraschend. Dennoch macht das Konzept Spaß weil die Absurdität immer weiter gedreht wird. Ob’s auch noch für einen dritten Teil trägt, wird man sehen müssen, aber der Abspann deutete ja schon genug Ideenpotenzial an.

Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere

Der Hobbit von Peter Jackson ist wieder da! Und alle so: Mäh! Schlimm genug dass sich da schon wieder nach drei Jahren so starke Ermüdungserscheinungen einstellen. Aber vielleicht passt die schöne Fantasy-Welt gerade so gar nicht mehr ins Alltagsbild. Obwohl sie doch eine Fabel von nahendem Krieg erzählt. Oder die epischen Schlachten schreckten ab, wenn draußen echte Konflikte winken.

Wie dem auch sei: ein eigentlich schönes, unschuldiges Fantasyepos, der sich gut in die Reihe einfügt. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Alternativen gibt es zwar auch, aber ich werde die Tolkiensche Perspektive definitiv vermissen in den nächsten Jahren.

American Hustle

Hier wurde wieder großes Charakter- und Ensemblekino von Darstellerregisseur David O. Russell (Silver Linings) produziert. Gerade rechtzeitig für die Awards-Saison konnten die weiblichen und männlichen Darsteller ihre besten Fähigkeiten präsentieren. Allen voran Jennifer Lawrence als miese Zickengattin und Christian Bale als schmerbäuchiger Halbweltbetrüger konnten hiermit einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die coole 70er-Jahre-Ausstattung inklusive freizügiger Kostüme und grenzwertigen Dekors trugen ebenfalls einen erheblichen Anteil am bleibenden Eindruck, den der Film hinterließ. Insgesamt ein gelungenes Zeitwerk, das mit netten Storytwists zu überraschen wusste sich sonst aber nicht ganz unter meinen Topfilmen dieses Jahr positionieren konnte.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit

Ich war 2014 ja ziemlich durch mit den typischen Comicverfilmungen nach Standartmuster. Auch wenn die X-Men-Reihe sich gewissen Konventionen nicht entziehen kann, so macht sie in meinen Augen doch immer noch genug anders, damit sie interessant bleibt. Gut, es ist streitbar, ob die Reihe nach dem super “First Class” jetzt schon wieder ein so ein halbes Reboot gebraucht hätte wie diesen Zeitreisefilm hier. Aber wenigstens wird hier noch versucht eine Erklärung aufzubauen, während andere Reihen einfach radikal von vorne beginnen. Hauptfigur ist und bleibt auf absehbare Zeit wohl weiter Wolverine. Das finde ich etwas schade, da andere interessante Charaktere so zur Nebenfigur verkommen und weil Hugh Jackman sich bis in seine gesetzteren Tage für seinen Filmkörper so abquälen muss. Erfreulich ist aber dass der zurückgekehrte Regisseure Bryan Singer es trotzdem schafft, sehr viele Charaktere sinnvoll zu integrieren. Allen voran stiehlt natürlich Superstar Jennifer Lawrence als Mystique den anderen die Show. Vielleicht eine Hoffnung für die Zukunft der X-Men-Reihe und für sie nach Panem? Dieser X-Men bietet außerdem mal wieder echt ein paar tolle Effekte mit den Charakterfähigkeiten. Also Charaktere, Effekte, gute Dialoge und halbwegs gute Story: Es gibt auch noch coole Comicfilme!

Gone Girl - Das perfekte Opfer

Gone Girl war für mich schon eine mittelgroße Überraschung dieses Jahr. Nicht dass ich Fincher keine Überraschungen zutrauen würde, aber die Idee hier wirkte für mich im Vorherein doch zu sehr nach einfachen Lückenfüllerfilm. Vielleicht war das auch der Trick dabei den Zuschauer in Sicherheit zu wiegen und ihn dann umso fieser zu erwischen. Dass Ben Affleck hier eine starke Leistung abliefert war im Film schon relativ schnell erkennbar. Umso überraschter war man dann, dass Rosamund Pike in ihrer Ansicht der Ehe des gespielten Paares Affleck einfach nochmal deutlich übertreffen konnte. Mit dieser Leistung sollte sie sich locker ein paar Preise erarbeitet haben. Einzig muss man sich vielleicht bei der Wirkung des Films fragen, ob hier die partnerschaftliche Rollenzuteilung gegen Ende nicht etwas zu einseitig ausfällt und ein schlechtes Bild auf das ganze Geschlecht wirft. Gone Girl ist jedenfalls kein Film den man sich mit einer frischen Beziehung ansehen sollte. Da wäre ähnlich als ob man “Der Rosenkrieg” am Pärchenabend schaut. Als Thriller ist er dennoch genial und sehr empfehlenswert.

The Wolf Of Wall Street

Martin Scorsese macht mal wieder was er am Besten kann, also eine Art Gangsterfilm in der Anlagewirtschaft. Und bietet damit mal wieder Leonardo DiCaprio eine bunte Bühne für das, was dieser am Besten kann: auf die Kacke hauen mit viel Stil. In der Story um den Anlegerabzocker Jordan Belfort spielt er den Aufstieg, den Ärger mit den Behörden und den Fast-Fall dieser schillernden Millionärspersönlichkeit. Hauptspaßquelle in dem Film sind dann auch die exzessiven Party-, Drogen- und Geldverschwendungsorgien denen Leo und sein Team sich hingeben. Scorsese schafft es aber trotzdem unterschwellig eine Sozialkritik an der Spekulationswirtschaft und ihren Folgen unterzubringen. Zu Recht wurde diese geniale Melange anfangs des Jahres gut ausgezeichnet bei den großen Preisverleihungen. Auch wenn Leo immer noch weiter auf seinen Goldjungen warten muss. Wolf of Wall Street ist jedenfalls der richtige Film um sich mal wieder richtig schön dekadent zu fühlen. Und das will ja jeder ab und zu mal.

Grand Budapest Hotel

Wes Anderson Regie macht sich einfach immer mehr zu meinem Freund. Mit der Verspieltheit von 20er-Jahre-Animationsfilmern und einem bombastischen Cameocast hat er es im Osten Deutschlands geschafft einen sehr schönen Film über zwei Pagen und ein überlebtes Hotel zu drehen. Dass die Schauspieler hier fast nur Comiccharaktere spielen passt in diesem Kontext dann auch ganz wunderbar. Ebenso überzeugen wieder die typischen Anderson’schen handgemachten Puppenhauskulissen. Alles zusammen vermischt sich zu einem tollen Film wie man ihn seit Jahren nicht mehr zu sehen erhoffte. Die Story ist zwar auch nur die einer einfachen Krimijagd, aber für einen Anderson reicht das eben aus mit diesen Vorgaben es so faszinierend und detailliert auszugestalten, dass man sich in das Gezeigte einfach nur verlieben möchte. Insgesamt ein toller Film für alle, die entweder noch etwas Kind erhalten haben oder auch nur für die, die wenigsten einen ästhetischen Grundgeschmack besitzen. Schönes Unterhaltungskino also.

Interstellar

Christopher Nolan hat es dieses Jahr mal wieder geschafft sich vom negativen Image des letzten Batman-Films zu befreien und einen herausragenden, intelligenten Sci-Fi-Thriller zu drehen. Dass er damit nicht nur den schon sehr guten Inception übertraf, sondern auch den im Handstreich den überwerteten Weltraumfilm Gravity in seine Schranken wies, zeigt seine wahre Größe als Regisseur. Wieder schaffte er es ein intensiv spielendes Starensemble um den sehr guten Matthew McConaughey zu versammeln und dann damit eine der cleversten und vor allem auch realistischsten Storys über die Zukunft der Menschheit zu erzählen. Optisch beweist er dass man mit Können auch ohne 3D-Schnickschnack unheimlich beeindruckende Bilder von realistischer Raumfahrt zeigen kann, wenn man weiß was man tut. An ein, zwei Stellen hätte er den Durchschnittszuschauer vielleicht weniger überfordern müssen, aber wenn der Film zum Nachdenken und Nachfragen anregt, geht das schon in Ordnung. Geheim bleibt wie er es schaffte Fließband-Komponist Hans Zimmer mal wieder dazu zu kriegen einen herausragenden, fantastischen Soundtrack wie diesen zu produzieren. Für Sci-Fi-Nerds wie mich hatte er zudem noch 2001-Referenzen eingepackt. Und mit dieser Mischung entstand so ein definitives Must-See und sicher der beste Film des Jahres.

Fazit

Somit war 2014 doch ein spannendes und abwechslungsreiches Kinojahr, an das man sich hoffentlich gerne noch lange erinnern wird. Ich bin jedenfalls ganz zufrieden mit meiner Ausbeute.
Dennoch gehen wie immer auch ein paar schöne Fische durchs Netz und muss mit einigem Beifang leben. Dieses sei hier noch kurz erwähnt. Ebenso meine Hoffnungen fürs nächste Jahr.

Verpasstes:
Das erstaunliche Leben des Walter Mitty
Dallas Buyers Club
Nymph()maniac
Veronica Mars
Her
Edge Of Tomorrow
Wie der Wind sich hebt
5 Zimmer Küche Sarg
Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis

Und hier meine Hoffnungen für 2015:
The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben
Birdman
Blackhat
The Interview
Inherent Vice - Natürliche Mängel
Kingsman: The Secret Service
Mad Max: Fury Road
St James Place
Star Wars: Das Erwachen der Macht ?!

Kotzreiz 2014: Marvel Einheitsbrei und Teenie-Filme nach Formel Panem. Panem wurde nie erreicht.

Auch wenn die Filmwelt weiter und anhaltend Probleme mit der bösen Welt da draußen hat, so wird es doch 2015 politisch und gesellschaftlich nicht so schnell besser werden. Anscheinend braucht der Mensch immer etwas über das man sich aufregen oder gegen das demonstriert werden kann. Auch wenn es noch so sehr Unsinn ist oder / und wenig erfolgversprechend.
Im Besten Fall werden dann wieder tolle Geschichten fürs Kino draus. Denn erste Regel jeder guten Story ist ja auch: Ohne Drama keine Handlung und keine Entwicklung. Ich würde mir nur wünschen, dass das Ganze etwas zielgerichteter gegen echte Probleme gehen würde und damit nicht unschuldige Randgruppen pauschal ins Visier genommen werden. Manchmal sollte vielleicht länger über etwas nachgedacht werden, bevor gleich losgepöbelt wird. Vielleicht lieber eine schöne Geschichte drüber schreiben, als sofort sinnfrei Brocken ins Netz zu kotzen. Aber so funktioniert aktuell ja leider weder Internet noch Welt allgemein.

Ihr solltet Euch jedenfalls nicht von Hackern und Shitstormern erwischen lassen, besonders im Kino nicht. Welchen ruhigen Platz hat man denn sonst noch.

Schönes 2015 mit den neuen Filmen!


Interstellar


Produktion USA 2014
Laufzeit Minuten
Kinostart