Der Indie-Publisher Devolver hatte sich in den letzten zwei Jahren beim Entdecken echter Perlen einen sehr guten Ruf aufgebaut im großen, unübersichtlichen Wust da draußen. Der psychedelische Killer-Hit Hotline Miami war da nur die goldene Spitze des Erfolgs. So wundert es inzwischen nicht, dass Devolver sich einen mittelgroßen Stand auf der Gamescom leistet um ihre neuesten Entdeckungen ausprobieren zu lassen.
Dass der Publisher inzwischen sogar seine Fühler nach klassischen Studios ausstreckt, zeigte sich an “The Talos Principle”. Der Titel, der noch am Wenigstens zum Rest des Line-Ups passte, stammte nämlich vom Serious-Sam-Entwickler Croteam aus Kroatien. Dem Team war es nach eigener Aussage zu langweilig immer nur Shooter zu bauen und so steckten sie ihre Zeit um sie in ein philosophisches, logisches Puzzle-Spiel nach dem Vorbild des Genreerfinders aus dem Hause Valve.
Dass dabei nicht direkt ein technisch ausgereiftes Spiel entsteht überrascht nicht, wenn man die Produkte des kleinen Teams kennt. Wenigstens kann man Talos Principle originelle Rätselskills zugestehen, darunter ein Laser-Reflektorstab. Grafisch wirkte das Ganze dabei schon recht ansprechend und zeigte sich in einem Stil, der zunächst an den Rätsel-Klassiker Myst erinnert. Auch wenn die Atmosphäre ernst und noch eher unspektakulär war, könnte mit einigem Feinschliff hier endlich mal ein richtiger Genrekonkurrent zu Portal entstehen. Es gibt ohnehin zu wenig gute 3D-Rätsel-Spiele.
Der einzige weitere 3D-Titel bei Devolver war dann noch Breach & Clear Deadline. Da es sich dabei jedoch um einen ziemlich uninspirierten Top-Down-Taktik-Shooter mit Planungspausen-Funktion und Zombies handelt, der noch sehr früh im Early-Access-Station war, müssen hier darüber nicht viele Wörter mehr verloren werden.
Aber zu den Indie-Games geht man ja auch vor allem mehr wegen cooler, spannender 2D-Titel mit Pixelgrafik. Und davon hatte der Publisher nun wirklich einiges im Angebot.
Als erstes konnten wir uns an den Sidescrooler-Shooter “Not a Hero” wagen. In dem Titel tritt man als Unterwelt-Freak gegen die Krimellen der Stadt an um einen rabiaten Bürgermeister-Kandidaten zu unterstützen. Der trockene Humor des Games kam dabei auch sehr gut rüber. Spielerisch machte es sich eine simple, aber innovative Cover-Shooter-Mechanik zunutze bei der man schnell aus der Deckung heraus ballern musste. Lustig war an dem Game vor allem auch, dass es aktuell noch ein so bockschwerer Grinder ist, dass selbst die anwesenden Entwickler damit ihre Probleme hatte die ersten Levels zu bestehen. Man kann dennoch wohl vermuten, dass der Titel später mal ein cooler Hit für zwischendurch im Sommerloch werden könnte.
Das vermutete Überhighlight am Stand, “Hotline Miami 2”, ließ leider wenig Fortschritte im Vergleich zur Anspielversion vom letzten Jahr erkennen. Das präsentierte Level war auch das nur minimal Veränderte vom letzten Jahr. Klar macht das Killrun-Spiel mit der treibenden Musik nach wie vor einen Heidenspaß. Ohne detaillierte Präsentation der Verbesserungen ließ jedoch nicht viel von den Verbesserungen bemerken. Diese aufgewärmten PR-Happen können bei der inzwischen doch langen Zeit seit Veröffentlichung des Vorgängers langsam nicht mehr schocken. Hotline Miami 2 muss nun endlich mal rauskommen, um allen zu zeigen, was für ein Hammer Psychospiel es werden wird. Das Konzept ist eh nach wie vor genial.
Ebenso genial zeigte sich ein weiteres PixelArt-Spielkonzept am Publisher-Stand, dass uns ziemlich überraschte: “Titan Souls”. Diese heimliche Entdeckung mixte gekonnt Elemente aus Zelda und Shadow of the Colossus als 2D-Gameplay. In dieser stimmigen und sehr coolen Mischung muss der Charakter eine komplett leere und einsame Welt erforschen. Dabei trifft die Figur immer nur wieder ab und zu auf harte Bossgegner, die es teils mit Rätselelementen zu erledigen gilt. Das Beste daran war aber vor allem die einsame und mythische Stimmung sowie die stillvolle Farbgebung der Levels. Von Ersteindruck wird diese Spieleperle, die ursprünglich aus einem GameJam stammte, wirklich richtig toll werden, vermutlich sogar ein Knaller.
Eine sowieso schon gesetzte Granate und durch die persönliche Präsentation von den Entwickler sogar zu einem Gesamtmesse-Highlight ist dann noch der Action-Titel “Broforce” geworden. Obwohl als Early-Access schon draußen war es schön den Titel und die Leute dahinter noch einmal ganz direkt zu sehen. Denn es ist auch immer eine besondere Freude, wenn sich wie hier herausstellt, dass die Entwickler genauso cool wie ihr Spiel sind.
Mal absehen vom kürzlich bereits erschienenen Spin-Off Expendabros (Broforce meets The Expendables-Filmserie) gab es quasi nichts bisher Unbekanntes über das Spiel zu berichten. So blieb viel Zeit für spannende Hintergrundgespräche mit den Entwicklern:
Natürlich freuen sie sich über ihre “tolle”, aktive Community, auch wenn das Feedback und die Erwartungshaltung der Spieler auch mal mehr Arbeit bedeutet. Dennoch würden sie Kickstarter nie gegenüber Early-Access vorziehen, da dies noch mehr Aufwand bedeuten würde. Nicht ablehnbar war auch für sie das Angebot der Zusammenarbeit mit der Expendables-Filmfirma, die auch Promo durch die Action-Stars beinhaltete. Eigentlich hatten die Entwickler nämlich immer eine Klage wegen Rip-Off erwartet.
Jetzt hoffen sie aber so wie wir Spieler endlich schnell fertig zu werden, damit das Game richtig veröffentlicht werden kann. Denn um dazu noch ein paar Worte zu verlieren: das ist bombig. Vor allem wohl für eine Party mit Freunden. Die Entwickler wünscht man sich für diese Party gleich mit dazu.
Übergreifend war das Gesamtaufgebot von Devolver für mich eines der kleineren Messe-Highlights. Natürlich hatten sie nicht nur Hits dabei und an einigen Präsentationen können sie noch feilen. Dennoch hatte man dort noch mit am Meisten den Eindruck es mit Leuten zu tun zu haben, die total lieben was sie machen und sich auch kreativ frei ausleben können. Devolver ist dabei inzwischen überraschend breit aufgestellt, sogar im Indie-Filmvertrieb. So schnell wie sie expandieren sollten sie nur aufpassen, dass sie ihr Profil nicht verwässern. Aktuell bleiben sie meiner Meinung nach aber ein echter Hitlieferant. Sie sind für die Publisher sowas wie die coolen Piratenradios damals für die Sender in den 60ern waren. Sowas belebt doch nur den Markt und freut den Konsumenten.