Vom Wiederaufbau eines Landes als virtuelle Welt
Wie man ja weiß, sind gute Rennspiele ein wichtiger Baustein als Verkaufsargument für den Start einer neuen Konsolengeneration. Wenn aber die eigenen Titel der Systemhersteller entweder nicht die breite Masse ansprechen (Gran Turismo 6) oder schlicht noch nicht wirklich bereit erscheinen, dann müssen halt andere Publisher wie Ubisoft einspringen und den Bedarf erfüllen. Natürlich kann ein Titel wie The Crew, der exklusiv für beide neuen Konsolen erscheinen wird, dann keine Entscheidungshilfe zwischen den Plattformen darstellen. Allerdings kann er sehr wohl die Leistungsfähigkeit einer neuen Generation demonstrieren.
Und mit der Ansage bei der E3 über das Ausmaß der Welt in The Crew mit dem Umfang der gesamten freibefahrbaren USA haben die Entwickler ein umfangreiches Versprechen gemacht. Diese Idee der Franzosen Ivory Tower, die teilweise aus ehemaligen Test-Drive-UnlimitedEntwicklern bestehen, gibt es dabei schon länger. Dass man nun versucht nach großen Inseln wie Hawaii das gesamte US-amerikanische Festland zu simulieren muss man allein von Gestaltungsaufwand als sehr gewagt bezeichnen. Deshalb wird wohl die offene Welt als stilisierte, beschränkte Version der Staaten bezeichnet. Dennoch wird die Aussicht erzeugt, dass alle denkbaren Terraintypen im Spiel vorkommen sollen. So wird es Autobahnen, Städte, Berge und Prärien geben. Damit man nun nicht die ganze Zeit allein durch die Landschaft fahren muss wird es ein Schnellreisesystem geben um die langen Strecken zu überspringen, es sei denn natürlich man unbedingt scharf darauf sie komplett zu fahren.
Langweilig sollte es aber auch sonst nicht werden in der Welt, denn beim Gameplay handelt sich um eine persistente Verschmelzung von Single- und Multiplayer-Modus. Das bedeutet, dass solange man online ist, hunderte von anderen Spielern sich auf den Straßen und im Gelände tummeln sollen. Reicht die Anzahl der Spieler für eine entsprechende Gruppenmission nicht aus, werden die Slots der Crews durch Computerfahrer ersetzt.
Gamescom Walkthrough Trailer
Die namensgebenden Crews ziehen sich ohnehin wie ein roter Faden durch das Spiel. Zentrales Element ist es sich mit seinen Online-Freunden zusammen zu schließen und mit ihnen eben diese Crews zu bilden und dann als Team Herausforderung gegeneinander oder gegen andere Crews zu fahren. Die Bandbreite reicht im Rahmen eines Rennspiels dabei ähnlich weit die befahrbare Welt. Neben klassischen Rennen wird es Stunt-Herausforderungen und solche im gesetzeswidrigen Bereich geben. Im größeren Rahmen ordnen sich die Crews dann noch mal zu fünf Fraktionen, die verschiedenen US-Großlandschaften entsprechen. So soll sich ein Großteil der amerikanischen Spieler in einer Art lokalpatriotischer Fraktion entsprechend ihrer Heimat wiederfinden.
Als ob das nicht schon nach genug interessantem Inhalt klingt, wird es darüber hinaus noch ein überaus ausführliches Erfahrungs- und Customization-System geben mit dem die gesammelten Punkte und Teile in die Autos umgesetzt werden können. Besonderes Augenmerk legen die Entwickler dabei darauf, dass man bei jedem Fahrzeugtyp ganz spontan massive Anpassungen vornehmen kann um ihn dem jeweiligem aktuellen Streckentyp anzupassen. Die Anpassungen werden dann sogar sehr kleine Details wie Getriebe und Bremseinstellungen umfassen. Auch fahrerische Skills können aufgebaut werden und werden mit Belohnungen wie neuen Autos prämiert.
In der Messepräsentation wurden sowohl die Langstreckenrennen gezeigt als auch kurze Einblicke in die Städte New York, Miami und Las Vegas gewährt. Die Metropolen sahen allerdings ziemlich austauschbar aus, versprühten keinen eigenen Charme. Der Gedanke, dass vieles der übergroßen Landschaften aus einem Zufallsgenerator stammt drängte sich gelegentlich auf. Die aggressiv erscheinenden Verfolgungsjagden mit Polizeiwagengruppen entpuppten sich ebenfalls wie bei vielen anderen Action-Racern leider als sehr harmlos.
Als Argument, dass mit der Grafikpower der neuen Konsolen punktet kann The Crew leider genauso wenig überzeugen. Klar, alles ist etwas höher aufgelöst und bei einem Open-WorldTitel darf man die Ansprüche ohnehin nicht so hoch anlegen. Aber wenn man ehrlich ist, hat konnte man schon vor zwei Jahren Rennspiele kaufen, die einen höheren Detailgrad vorweisen konnten. Wie allen anderen Next-Gen-Messeeindrücken muss man auch hier die Empfehlung aussprechen, noch bis nächstes Jahr zu warten, wenn man sich verbessere grafische Darstellung erhofft.
Eigentlich hatte ich mir von The Crew relativ viel erhofft nach der E3-Ankündigung. Es mag teils an der anstrengenden Messe gelegen haben, aber das Spiel konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen, in keiner anpeilten Disziplin. Nun bin ich ohnehin jemand, der nicht besonders scharf darauf ist, alles mit Freunden online zu zocken. Aber selbst diese Option wirkte so unspektakulär, dass kein Grund erkennbar war, warum man das Ganze nicht auch einfach gegen die KI spielen sollte. Von der großen unheimlich großen Welt wurde man genauso nicht überzeugt, oder die Faszination mag sich in einem so kurzen Präsentationsblock nicht sofort eröffnen. So bot die Messe dem Rennspielfan in dem Genre in drei Versuchen leider keine einzige Hoffnung bei den kommenden Spielen. Na gut, dann spielt man halt einfach weiter Formel 1 von Codemasters, da weiß man, was man hat.