Der erste Teil von Portal war 2007 eine ziemlich seltsame Überraschung, die viele wirklich begeistern konnte. Gut 4 Jahre später veröffentlichte Kultentwickler Valve mit Portal 2 den offiziellen Nachfolger. Lest in unserer Kritik wie Martin durch die Portale jagt.
Der erste Teil von Portal war 2007 eine ziemlich seltsame Überraschung, die viele wirklich begeistern konnte. Der ungewöhnliche Rätsel-Shooter wusste mit cleveren Aufgaben zu überzeugen und war ein recht gelungenes Experiment für zwischendurch, dass ja auch nur wenige Stunden dauerte. Allerdings darf man auch aus Nostalgie nicht vergessen, dass der Titel auch einige Schwächen hatte, die man in meinem damaligen, aus heutiger Sicht vielleicht doch etwas strengen Review nachlesen kann.
Als die erwartete Fortsetzung angekündigt wurde, konnte man durchaus etwas skeptisch sein, wie sich das Konzept im größeren Rahmen tragen können soll. Vorab kann schon gesagt werden, dass es Valve mit einigen sehr cleveren Designkniffen geschafft hat aus dem Titel ein echtes Highlight zu stricken.
Als junge Frau Chell wacht man genau wie in Portal 1 in einem unterirdischem Labyrinth auf und muss sich durch das Lösen von Rätseln zu einem Ausgang gelangen. Dabei ist die Spielerfigur wie damals schon Gordon Freeman in Half-Life eine stumme, austauschbare Figur. Geredet wird in Portal hauptsächlich von künstlichen Intelligenzen, KIs, so wie in Teil 1 die zynische Stimme der Zentraleinheit des Labyrinths, GlaDOS, Chell die ganze Zeit über begleitete und ärgerte. Nun wurde GlaDOS ja mit Ende des Vorgängers besiegt und ausgeschaltet. Chell war aber offensichtlich dennoch nicht frei, denn am Anfang von Portal 2 wacht sie in einem Hotelzimmer auf, das sich schnell als getarnter Labyrinthraum herausstellt. Ohne Begleitung muss sie dennoch nicht auskommen, denn sie wird fast von Anfang an durch einen kongenialen neuen künstlichen Charakter begleitet, dem KI-Kern Wheatley. Diese Figur erweist sich hingegen als schusselig, unsicher und verpeilt, was allein nur durch die göttlich gute Synchro des britischen Comedian Stephen Merchant (Extras, Hot Fuzz) erreicht wird. Der sympathische Wheatley begleitet einen dann sehr bald zur unvermeidlichen Wiedererweckung von GlaDOS. Und beginnt das Spiel mit den Testkammern von Neuem. O-Ton GlaDOS: „It’s been a loooong time! …. Continue testing!“ Das Spiel folgt diesem klassischen Schema bis ungefähr kurz vor der Hälfte, wo ein ziemlich cooler Twist gemacht wird, ab dem hier nichts weiter über die Story verraten werden kann ohne den Spaß zu verderben.
Für alle, die das Gameplay-Konzept des ersten Teils schmählicherweise noch nicht mitbekommen haben, hier die Kurzfassung: die Aufgabe ist es eine Vielzahl von Räumen zu bestehen, die als Rätsel aufgebaut sind. Mit der einzigen „Waffe“ kann man dazu in ausgesuchte Flächen je einen Portalein- und ausgang schießen umso durch cleveres Kombinieren die Levelelemente so einzusetzen, dass man den Ausgang erreicht. Um dieses eigentlich schon in Portal 1 zur Genüge ausgeschöpfte Konzept für ein größeres Spiel aufzupeppen gibt es natürlich einige neue Rätselelement, allen voran drei verschiedene Gele, die einzeln oder in Kombination mit anderen Elementen ganz neue Optionen eröffnen. So beschleunigt ein blaues Gel den Spieler auf höhere Geschwindigkeiten und ein Oranges ermöglicht deutlich höhere Sprünge. Die Beiden alleine ermöglichen schon fast unendlich viele neue Möglichkeiten um ganz andere Levelteile als früher zu erreichen. Der Clou ist aber das weiße Gel, dass an Stellen, wo es verteilt wird, das Öffnen von Portalen erlaubt wo es vorher nicht ging. Leider ist dieses Gel schon beinahe ein Gamebreaker, da es quasi ermöglicht sich fast nur mit diesen Gel durch Räume zu bewegen. Das hat wohl auch Valve selbst bemerkt und setzt Rätsel damit nur äußerst sporadisch ein, was andererseits fast etwas schade ist.
Ohne zu viel zu verraten, kann doch gesagt werden, dass Portal 2 nach der ersten Hälfte erst richtig aufdreht und seine besten Ideen, sowohl bezüglich der Story als auch des Leveldesigns ins Feld wirft. Fast wirken diese späteren Abschnitte wie ein Teil 2.2, so anders sind sie. Man die Eigenschaft eines modernen Games wirklichen Abwechslungsreichtum bieten zwar nicht genug loben, denn es gibt ja zur Genüge schlechte Gegenbeispiele. Aber wenn man an Portal 2 überhaupt etwas kritisieren kann, dann ist es das subtile Gefühl, dass diese einzelnen verschiedenen Abschnitte noch einen Tick besser miteinander verknüpft sein könnten. Aber das ist Kritik auf überragendem Niveau und fällt während des Spielens des insgesamt genialen Gesamtwerks de facto gar nicht ins Gewicht.
Portal 2 spielt sich also sehr abwechslungsreich, kommt mit der typischen, eingängigen Shooter-Steuerung daher und weiß durch seine cleveren Rätsel zu überzeugen. Gerade diese sind sehr gut ausbalanciert und vom Schwierigkeitsgrad ausgewogener als im Vorgänger. Wer nicht auf den Kopf gefallen ist, wird sich zurechtfinden. Klar gibt es immer mal einen Raum, den der eine oder andere als echte Kopfnuss wahrnimmt. Aber der Redakteur dieses Textes, der durchaus mal schnell Lösungen zu Rate zieht, wenn es mal hakt, schaffte es dank des super Rätseldesigns ohne Hilfe. Ab und zu bieten sich ja außerdem verschiedene Lösungen an.
Ein großer Teil des Inhalts von Portal 2 macht im Übrigen der geniale Koop-Modus aus. Mit einem Steam-Freund bestreitet man nochmal ganz andere Levels, die explizit darauf ausgelegt sind, zu zweit und unter Umständen mit bis zu vier Portalen gelöst zu werden. Protagonisten sind dabei zwei lustig animierte Roboter. Der Modus spielt sich natürlich mit Voice-Chat besser und intuitiver als mit Text-Chat-Koordination. Doch auch hier hat Valve an alles gedacht und z.B. Werkzeuge zum Zeigen eingebaut. Dieser Modus stellt wohl eine meiner besten Multiplayer-Erfahrungen der letzten Jahre dar und wird zudem auch noch stetig per Download-Content oder Patches erweitert.
Und wie schon angedeutet setzt auch das Storytelling von Portal 2 hervorragende neue Maßstäbe für Computerspiele. Auch wenn sich die Entwickler nicht in die Verlegenheit gebracht haben menschliche Figuren realistisch darzustellen, erreichen sie doch mit der Charakterisierung ihrer künstlichen Wesen ein Niveau, von dem die meisten anderen Firmen nur träumen können. Der Anteil der Synchronisation ist dabei riesengroß.
Genauso beim Erzähltempo überdrehen sie nicht und wissen um die Bedeutung cooler, ruhiger Momente, die der Spieler auf sich wirken lassen kann. Und schließlich die Königsdisziplin des Humors in Spielen gelingt ebenfalls sehr gut. Zwar ist Portal 2 vielleicht nicht das lustigste Spiel der letzten Jahre, dazu ist das Setting einfach zu deprimierend. Aber es bietet wirklich einige sehr gute Gags und besticht auch mit manchmal recht subtilem Humor.