Die Suche nach der Killer-App
Die große, vor wenigen Jahren aufgetauchte Gaming-Innovation schien dieses Jahr endgültig richtig auf der Gamescom-Messe angekommen zu sein. Erstmals waren einige Titel dort spielbar, die das Potenzial für längere Unterhaltung aufzuweisen scheinen und die nicht nur Tech-Demos oder Experimente gewesen sind.
Allen voran Sony’s PlayStation VR fuhr damit groß auf um sicherzustellen, dass potenzielle Kunden das 400€ Zusatzprodukt auch aus erster Hand erleben können. Denn das Vermitteln dieser Erfahrung mit klassischen Medien gelingt ja nur eingeschränkt über eine Nacherzählung.
Zwar hatten einzelne unserer Redakteure Sony’s günstige VR-Variante schon zuvor ausprobieren können, allerdings blieb auch bis zur Gamescom der Zweifel ob es sich nicht nur um ein Gimmick handeln könnte. Dort zeigt der Hersteller ungefähr 10 verschiedene Titel von denen die Auswahl unserer Eindrücke hier kurz beschrieben werden sollen.
RIGS - Mechanized Combat League
Bei RIGS handelt es sich eigentlich um ein abgedrehtes Multiplayer-Sportspiel, was ungewöhnlich ist, da die meisten VR-Games sich ja bisher noch auf den Singleplayer konzentrieren. Das Setting mixt Elemente von Quake, Rocket League und Mech-Roboter-Anzügen. Nachdem die Spielerfigur schön animiert in diese eingespannt wurde geht es in aufwändig gestaltete Sportstadien mit Zuschauertribünen in den man sich in Teams von drei gegen drei bekämpft. Spannenderweise ist das Abschießen der Gegner per Zielen mit Kopfbewegungen gar nicht das eigentliche Spielziel zum Punkten. Stattdessen muss man zunächst ein paar Energiebälle einsammeln um damit den eigentlichen Punktball zu erhalten. Ähnlich wie Capture-the-flag muss dieser dann zum Ziel getragen werden, einem großen Ring durch den man hüpft.
Da der Level auch etwas mit Höhenwegen arbeitete war das alles zusammen gar nicht so einfach. Die Koordination Zielen, Schießen, frei Laufen und nirgends runterfallen und dann noch Sammeln ließ schon fast die geistige Herausforderung von echten Sport aufkommen.
Falls sich Freunde für PS-VR auftreiben lassen ist RIGS für VR schon fast ein Pflichtkauf. Bisher hat kaum eine andere Demo so viel Spaß aufkommen lassen und war gleichzeitig noch schon als echtes interaktives Spiel nutzbar. Wenn die Entwicklung weiter gut das Spiel ausbaut, könnte man hier vielleicht endlich die Killerapp für das VR-Gaming gefunden haben.
Until Dawn – Rush of Blood
Dieser Titel ist ein VR-Spinoff des erfolgreichen Horrorslaher-Spiels Until Dawn aus dem letzten Jahr. Mit zwei PlayStation-Move-Controllern zur Bewegungserfassung bewaffnet erlebt man hier eine surreale Achterbahnfahrt des Grauens, bei der man sich durch einzelne Station schießen muss. Hierzu sollte zunächst erwähnt werden, dass die simulierte Schusswaffenkontrolle mit den ungewöhnlichen Eingabegeräten überraschend präzise klappte, auch wenn zur Zielhilfe ein Laserpointer eingeblendet wird.
Inhaltlich setzt die Fahrt fast nur auf Ekeleffekte und klassische Horrormotive wie Clowns, sowie noch einige wenige Jumpscares. So werden in verschiedenen Abschnitten mal überdimensionale Schweine in Hälften zersägt oder Zombies greifen an oder der Horrorclownmörder aus Until Dawn schwebt als überdimensionaler Geist über den Szenen. Alles im allem haben diese Effekte bei mir nicht die schockierende, tiefe Wirkung erzeugt. Da war es schon fast schlimmer mit dem Unwohlsein zu kämpfen, das durch unnatürliche Streckenführung der Bahn und dem VR-Effekt erzeugt wurde. Dieses Übelkeitsgefühl war aber klein und wurde dankeswerter Weise bewusst nur minimal eingesetzt. Ohnehin enthielt die Demo dann als interessanteste Elemente viele psychodelische Spielereien mit der sich auflösenden und zersetzenden Spielwelt, aber davon gab es noch zu wenig zu sehen für unseren Geschmack.
Ein echtes Ziel schien das ganze Game auch nicht wirklich zu haben. Insofern müssen wir hier sagen, dass es sich um eine solide gemachte Software handelt, die für den schnellen Gruselthrill sicher auch mal ganz gut funktioniert, allerdings noch an Tiefe vermissen ließ und sicher auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss bezüglich der VR-Möglichkeiten darstellt.
